Was macht ein gutes Reporting aus? Brauche ich dafür ein spezielles Dashboard? Wenn es darum geht, das Top-Management zu überzeugen, kommen schnell Dashboards ins Spiel. Ganz unkritisch sollte man sie jedoch nicht verwenden, manche halten sie sogar für kontraproduktiv.

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Unser Gast Dr. Mika Menken ist langjährige Spezialistin für Datenauswertungen und Reportings. Zahlen und Visualisierungen sind ihr täglich Brot. Sie sagt: „Dashboards sind großartig, wenn große Datenmengen in hoher Schlagzahl einlaufen… Aber es sind einfache Visualisierungen von Datenpunkten – keine Analyse, keine Ableitung. Nur eine graphische Wiedergabe von einem Status oder einem Zeitverlauf.“ Ob dadurch etwas erfolgreich bewegt werden kann, liege vor allem an den Nutzern, die damit arbeiten.

Alles übersichtlich auf eine Seite?

Im besten Fall sind in einem Dashboard die Zahlen angegeben, die mit einander in Verbindung stehen und sich beeinflussen. Ein Plus ist es, wenn ein Dashboard übersichtlich und nutzerfreundlich gestaltet ist. Entscheidend ist die anschließende Analyse, die das Visualisierte so interpretiert und deutet, dass es zur Steuerung von Unternehmenskommunikation oder Marketing benutzt werden kann. Mit K.I. können zwar schon bedingte Ableitungen errechnet werden, die Abhängigkeiten sind aber sehr komplex. Wenn man durch Berechnungen alle Beziehungen im Dashboard abbilden will, die man aus Erfahrung kennt, ist es schnell nicht mehr möglich, alles auf einer Seite und möglichst verständlich darzustellen. Der eigene Kopf ist daher deutlich effizienter als die Option, eine K.I. darauf zu trainieren, diese komplexen Bezüge abzubilden.

„Alles auf eine Seite funktioniert ganz hervorragend, wenn man eine sehr klar definierte Fragestellung hat, die mit drei bis fünf Kennzahlen und ihrer Interpretation beantwortet werden kann. Wenn die Fragestellung aber ist „Was ist eigentlich bei uns in der Kommunikation so los?“ dann wird das nicht funktionieren“ Dr. Mika Menken

Vereinfachung, Reglementierung und Eigenverantwortung

Zu große Vereinfachung kann kontraproduktiv sein, wenn wichtige Bezüge nicht mehr nachvollzogen werden können. Der Nutzer sollte jederzeit die Rohdaten konsultieren können und ggf. dort zusätzliche Analysen machen, um für die Interpretation aus seinem Wissen schöpfen zu können.

Ebenso schwierig ist blindes Vertrauen auf Grenzwerte, z.B. rote/grüne Ampeln. Grenzwerte/Thresholds machen nur Sinn, wenn dazu eine Übereinkunft besteht, was bei Überschreiten der Schwelle getan werden muss. Sie werden in der Krisenkommunikation angewendet, um schnelle Reaktionen zu ermöglichen, indem z.B. Budgets und Zustimmung der Vorgesetzen für bestimmte Entwicklungen schon vorab geklärt sind. Ob diese vorab getroffenen Übereinkünfte allen möglichen Szenarien gerecht werden, ohne in Reglementierungschaos auszuarten, hängt vom Einzelfall ab. Ein versierter Dashboard-Nutzer wird jedoch nicht tatenlos auf das Erreichen des Grenzwertes warten, gibt Menken zu bedenken. Dashboards trainieren die Fähigkeit, selbst Zusammenhänge zu erkennen und Entwicklungen zu antizipieren. Es wäre schade, dies durch zu starke Reglementierungen zu torpedieren.

Gute Einsatzgebiete für Dashboards sind z.B. Website-Analytics und andere Anwendungsfälle, wo man schnell reagieren muss. Wenn man keinen Einfluss auf die Entwicklung hat oder keinen Zeitdruck, reicht oft ein einfacher Report. Social Media Manager brauchen in vielen Fällen ein hochfrequenteres Monitoring und sind mit einem Dashboard gut bedient.

Dashboards aufsetzen

Es gibt kein Geheimrezept. Wie bei allen Controllingmechanismen sollte man zunächst von den Zielen der Kommunikation und des Unternehmens ausgehen. Anschließend schaut man, welche Daten die verschiedenen Kanäle generieren. Damit kann man meist schon einfachere Fragen beantworten, z.B. ob man lieber einen längeren oder mehrere kurze Beiträge auf dem Social Media Kanal spielen sollte. Dann muss man entscheiden, ob man für bestimmte Fragen Daten zukaufen muss, was meist einfacher und weniger kostspielig ist, als man sich das vorstellt. Spätestens an dem Punkt sollte man die Mitarbeiter, die das Dashboard später benutzen sollen, ins Boot holen und schauen, welche Datenpunkte für sie steuerungsrelevant sind. Das erleichtert es, reine „nice-to-have“-Daten auszuschließen, bevor sie das Dashboard überlasten. Und erst dann fängt man an, sich über die Gestaltung des Dashboards Gedanken zu machen.

Warum ist Marketing in Bezug auf Dashboards weiter und was kann die Kommunikation dort lernen?

Marketing ist immer direkt absatzrelevant, damit sind die Bezüge recht einfach. Unternehmenskommunikation ist oft reputationsrelevant und zahlt nur indirekt auf den Absatz ein. Damit werden fürs Marketing oft besser dotierte Stellen für Analysten und Mathematiker ausgeschrieben und damit die Entwicklungen dort vorangetrieben. Das Umdenken in den Unternehmen, eine Messung des Wertbeitrag der Kommunikation für alle internen und externen Kommunikationsprozesse abseits des Wirkindikators „Geldfluss im Absatzmarkt“ voranzutreiben, steht allerdings noch aus. Einige Aspekte, die die Kommunikation direkt beeinflusst – sei es Reputation oder Mitarbeiterengagement – fließen bis dahin in die Erfolgsrechnungen des Marketings ein.

Power BI, Qlick Sense, Tableau oder Excel-Eigenbau – welches Tool nehme ich?

Der Einsatz von Tools sollte anhand von Daten, Nutzer, Nutzungsumgebung und Budget entschieden werden. Excel ist sehr gut für individuelle Visualisierungen, hat aber Nachteile bei Agilität und Schnittstelleneinbindung. Wenn man eine responsive, mobilfähige Dashboardversion benötigt, die viele externe Datenquellen in Echtzeit einbindet und mehrbenutzerfähig ist, gibt es mittlerweile einige andere gut geeignete Tools.

Datenqualität ist wichtig, deswegen sollte man auf jeden Fall eine Trockenübung machen. Ein Excel-Mockup, dass einer Power B.I. Darstellung ebenbürtig ist, ist aber sehr aufwändig zu bauen. Ob das sinnvoll ist, muss man abwägen. Wichtiger ist es, die Mitarbeiter von Anfang an in den Prozess einzubinden, um sicher zu gehen, dass diejenigen, die das Dashboard am Ende bedienen, auch möglichst intuitiv damit umgehen können.

Es empfiehlt sich, relativ früh in das eigentliche Tool einzusteigen. Dabei aber nicht vergessen: Daten nachzupumpen ist schwierig, weil die dann manchmal nicht verfügbar sind. Man sollte sicher gehen, dass die Daten im Tool für den eigenen Gebrauch dauerhaft verfügbar sind. Ganz wichtig ist auch, das Ziel dabei nicht aus den Augen zu verlieren.

3 Tipps zum Schluss:

  • Den Prozess an der richtigen Seite anfangen. Also nicht mit der Frage nach dem Tool, sondern erst mit dem Ziel, dann die Daten, dann die Zusatzdaten, dann die Auswahl der wichtigsten Kennzahlen. Ganz zum Schluss erst das Tool.
  • Darauf achten, was der Kommunikationskollege braucht und was geschult werden muss. Also kein Dashboard für das ganze Unternehmen zuschneiden wollen, sondern immer für bestimmte Nutzer.
  • Großflächig Daten erheben und speichern, damit man später die Möglichkeit hat, auch rückwirkend noch anderen Fragestellungen zu beantworten.

Mehr zum Thema

Dr. Mika Menken findet man bei bold&blunt
Genannte Dashboard-Tools:
Power BI
Qlik Sense
Tableau

Über Dr. Mika Menken

Dr. Mika Menken ist Computerlinguistin. Ihre Forschungskarriere führte sie an die Universitäten Münster, Stanford, Leiden, Frankfurt und ans Institut voor Nederlandse Lexicologie (INL). Um „endlich mal real existente Probleme zu lösen“ arbeitete sie danach als Head of Social Media Analytics bei pressrelations und als Chief Data and Analytics Officer bei Ketchum Germany. Im Mai 2019 gründete sie mit Lutz Reuter mit bold&blunt eine datengetriebene Kommunikationsagentur.